Forschungsgruppe Altern und Lebenslauf (FALL)

Veröffentlichungen: ?Szydlik 1991

 

Szydlik, Marc (1991): Einkommen, Einkommensdynamik und Arbeitsmarktsegmentation. In: Rendtel, Ulrich & Gert Wagner (Hg.): Lebenslagen im Wandel: Zur Einkommensdynamik in Deutschland seit 1984. Frankfurt/M.: Campus, 243-272.

Ziel dieses Aufsatzes ist eine Überprüfung des Segmentationsansatzes hinsichtlich der Einkommenshöhen und der Einkommensdynamik. Die Verdienste in der Bundesrepublik Deutschland weisen keine bimodale (oder trimodale) Verteilung auf, die den angenommenen Segmentgrenzen folgt. Der Arbeitnehmer mit dem höchsten Einkommen im sekundären Arbeitsmarkt erreicht ein sehr viel höheres Entgelt als der am geringsten bezahlte Beschäftige im primären Segment. Dennoch existieren zwischen den angenommenen Arbeitsmarktsegmenten relativ deutliche Unterschiede sowohl bei den Verdiensten als auch bei der Entgeltdynamik. Arbeitskräfte mit ähnlichen individuellen Merkmalen erreichen je nach Teilarbeitsmarkt mitunter erheblich differierende Einkommenshöhen. Im Gegensatz zum betriebsinternen Segment verdienen die Arbeitnehmer im fachlichen und unstrukturierten Markt deutlich weniger. Aber auch innerhalb des Jedermannsmarktes zeigen sich Differenzen. Unstrukturierte Märkte sind nicht gleich unstrukturierten Märkten. Die Beschäftigten im Jedermannsmarkt in großen Betrieben verdienen mitunter erheblich mehr als die in kleinen Firmen. Die Segmente determinieren jedoch nicht nur Einkommensungleichheiten an sich, sondern bedingen auch die Wirkung von individuellen Merkmalen. Je nach Teilarbeitsmarkt zahlen sich beispielsweise Humankapitalinvestitionen unterschiedlich aus.

Die Qualität eines Arbeitsplatzes ergibt sich für die Arbeitnehmer jedoch nicht nur aus der augenblicklichen Verdiensthöhe. Es existieren weitere Determinanten. Neben nichtmonetären Gratifikationen wie z.B. physischen und psychischen Belastungen, Mitentscheidungsmöglichkeiten oder der Arbeitsplatzsicherheit sind auch langfristige Entgeltentwicklungen von besonderer Bedeutung. Auch die Einkommensdynamik differiert - selbst bei Kontrolle des beruflichen Humankapitals sowie weiterer bedeutsamer Variablen - deutlich zwischen den Arbeitsmärkten. Ausbildungs- und Betriebszugehörigkeitsdauern sowie Arbeitslosigkeitsereignisse führen je nach Segmentzugehörigkeit oft zu unterschiedlichen Verdienstentwicklungen. Die segmentdeterminierten Einkommensungleichheiten werden nicht durch eine gegenläufige Dynamik ausgeglichen. Die Differenzen zwischen den Teilarbeitsmärkten haben sich nicht verringert, sondern sind sogar größer geworden. Langfristig erhöht sich damit die Einkommensungleichheit zwischen den Segmenten.


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